Außergewöhnliches Projekt dient Frauen im ländlichen Raum und gleichzeitig dem Naturschutz

Ein Text von Eva Filitz

Zaberfeld. Viel Prominenz hatte sich im Naturparkzentrum Stromberg-Heuchelberg eingefunden, um  annähernd 40 Landfrauen zu gratulieren, die mutig auf nicht alltäglichem Terrain einen Schritt in eine berufliche Zukunft gewagt haben.  Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch überreichte ihnen die Zertifikate, die einen erfolgreichen Abschluss der Ausbildung zur „Fachberaterin für Bienenprodukte“ bescheinigen.

Gestartet wurde das Projekt NEsD (Netzwerk Einkommen schaffende Dienstleistungen) vom Landfrauenverband Württemberg-Baden zur Förderung von Frauen in ländlichen Gebieten.  In Kursen und Lehrgängen soll Wissen vermittelt werden, um sich ein eigenes Einkommen zu schaffen. Das Netzwerk soll bei der Vermarktung der neuen Produkte und Dienstleistungen unterstützen. Sieben Kooperationspartner haben sich zusammengeschlossen und bieten nun bedarfsgerechte Qualifizierungsmaßnahmen an. Mit dabei sind unter anderem der Landesverband Badischer Imker, dessen Vertreter Manfred Raff ein Grußwort sprach und der Landesverband Württembergischer Imker, der ebenfalls hinter dem Bienenprojekt steht.  Darüber hinaus wird NEsD auch über das Programm „Innovative Maßnahmen für Frauen im ländlichen Raum (IMF) mit Mitteln des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz gefördert. Des Weiteren beteiligen sich der Landfrauenverband Württemberg-Baden und die Volksbanken Raiffeisenbanken in Baden-Württemberg an der Finanzierung. Allein die Ballung der beteiligten namhaften Institutionen zeigt, dass das Thema „Entwicklung des ländlichen Raums“ und da mit besonderem Schwerpunkt „die Stellung der Frau“ gewissermaßen auf den Nägeln brennt.

„Das ist ein Riesenthema in ganz Europa“, führte die Staatsekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch in ihrer Ansprache aus und nannte als Beispiel Ostdeutschland, wo die Frauen als erste ihre Dörfer verlassen  hätten und sich eine Zukunft in der Stadt erhofften. Es folgten logischerweise dann die Männer, denn Familienplanung sollte ja auch sein. „Und wo dann keine Kinder mehr die Schulen füllen, ist kein Leben mehr“. In einer neuen Studie werde eine maßgeschneiderte Politik für Frauen auf dem Lande gefordert. „Denn diese sind mehr als üblicherweise nach außen sichtbar ist“, betonte Gurr-Hirsch.  Wie in der Stadt sei auch auf dem Dorf die  Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein Muss. Und es habe sich gezeigt, dass Projekte von Frauen eine hohe Nachhaltigkeit hätten. „Frauen sind eine wichtige Stütze für die Lebensqualität insgesamt“, rückte die Staatssekretärin weiterhin die Stellung der Frau in den Fokus ihrer Ausführungen.  Der Verbraucher müsse sensibilisiert werden, dass er bei seinem Einkauf Verantwortung trage für das Funktionieren der Wirtschaft im ländlichen Raum im weitesten Sinne. „Landwirtschaft muss kommuniziert werden, Kindern muss nahe gebracht werden, wie und wer bei uns Nahrung schafft.“

Marie-Luise Linckh, Vorsitzende des Trägervereins "NEsD" und Präsidentin des LandFrauenverbandes, begrüßte im vollbesetzten Saal des Naturparkzentrums das erwartungsvolle Publikum.

„Hausherr“ Dietmar Gretter, der Geschäftsführer des Naturparkzentrums, hatte im voll besetzten Saal erwartungsvolles Publikum begrüßt. Es herrschte eine aufmerksame, aber auch sehr fröhliche Stimmung. Die Eröffnungsrede hielt die Präsidentin des Landfrauenverbandes Württemberg-Baden  und Vorsitzende des „NEsD“  Marie-Luise Linckh. Zu Wort kamen auch die Bürgermeisterin von Sulzfeld und zweite Vorsitzende des Naturparks  Sarina Pfründer und neben Manfred Raff, dem Vizepräsidenten des Landesverbandes Badischer Imker fand auch der Ehrenpräsident des Deutschen Imkerbundes und zugleich Ehrenvorsitzender Württembergischer Imker Anton Reck  lobende Worte über die Ausbildung der Landfrauen im Fachgebiet „Bienen“.  Von 500 in Deutschland lebenden Wildbienenarten seien 250 gefährdet, berichtete er – eine Information, die nachdenklich und auch betroffen stimmte. Neben der Schaffung von Einkommen für die Landfrauen sei deshalb auch der Naturschutz ein ganz wichtiger Aspekt.

In einem ausliegenden Flyer, der über das Projekt „Ausbildung von Landfrauen zu Fachberaterinnen für Bienenprodukte“ informiert, wird Albert Einstein zitiert – und der ist  bekanntermaßen ein kluger Kopf gewesen:  „Wenn die Biene einmal von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben. Keine Bienen mehr, keine Pflanzen mehr, keine Tiere mehr, kein Mensch mehr.“ Das Thema griff auch Rosemarie Bort, die Ausbilderin der neu ernannten Bienenfachfrauen in einem kleinen Gedicht auf und formulierte wie folgt: „ Was wär’ der Mensch, wenn die Biene nicht wär’? Die Bienen und ein Land voller Blüten, helft alle mit, sie zu behüten.“  Bort ist Heilpraktikerin mit eigener Praxis, ausgebildete Krankenschwester,  und pflegt und hegt 20 eigene Bienenvölker.  „Die Biene ist eine Apotheke und steht bei den Nutztieren an erster Stelle“ betonte sie lebhaft und mahnte: „Nicht immer nur an Honig denken,  die Biene ist viel mehr.“

Ein besonderer Dank ging an die Referentin Rosemarie Bort, die in den letzten Monaten ihr fundiertes Wissen über die Anwendung und Wirkungsweisen von Bienenprodukten an die Teilnehmerinnen weitergegeben hat.

Bort hat ihren Schützlingen während des Lehrgangs solide Fachkenntnisse in verschiedenen Bereichen vermittelt, einschließlich des Gesundheitssektors. Nun ist es an den Absolventen zu zeigen, was sie gelernt haben. Wichtig aber auch persönliche Strategien: „Wie verkaufe ich erfolgreich? Wie gestalte ich meinen Marktauftritt?“ waren gefragte Themen. „Neben der Produktherstellung haben weitere Fachreferenten zum Bespiel über Steuerrecht, Marketing oder Fragen zur Selbstständigkeit unterrichtet“, erklärte Bort. „Jetzt haben die Absolventen mit Hilfe des neu gebildeten Netzwerkes die Chance, eigene Initiativen zu entwickeln und sich mit verschiedenen Produkten öffentlich zu präsentieren. Beispiele dafür bieten hier einige Stände auf dem extra eingerichtetem ’Markt der Möglichkeiten’.“

Die dort gezeigte Bandbreite an Produkten, deren Ausgangsmaterial im weitem Maße Wirkstoffe der Biene sind, ist verblüffend lang: Kosmetik und Wellnessanwendungen, Kochen und Backen, Gesundheit und Pflege. Die so Geschulten bieten dazu Workshops in Schulen, Kindergärten, in Vereinen und Unternehmen an. Sie halten Vorträge und können zu bestimmten Themen „gebucht“ werden. Sie stehen für Einzelberatungen zur Verfügung und machen auch ganz individuelle Angebote für Veranstaltungen.

 

Ein Fazit unter diesen ereignisreichen Tag könnte lauten: Wer nun immer noch Frauen auf dem Lande für „Heimchen am Herd“ hält, ist völlig falsch gewickelt.

Information über  das Gesamtprogramm unter www.nesd-bw.de/bienenprodukte oder bei Christine Binder, die Koordinatorin von NEsD, die auch die Veranstaltung im Naturparkzentrum organisiert hatte: binder@landfrauen-bw.de.